Ein Behälter mit Wasser, zwei Elektroden, eine Stromquelle – und fertig ist der Elektrolyseur im Schulversuch. Elektrische Energie zerlegt Wasser in seine Bestandteile. Neben Sauerstoff entsteht bei diesem Prozess der Energieträger Wasserstoff. Und der wird künftig in der sicheren Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen. Mit Wasserstoff können Autos, Schiffe und Lkw umweltschonend angetrieben werden. „H“, wie das chemische Symbol für Wasserstoff lautet, soll grüne Energie für die Industrie liefern und später einmal – aktuell ist das noch nicht praktikabel – dafür sorgen, dass unsere Wohnungen im Winter beheizt werden können. Ein Elektrolyseur ist also nichts anders als eine Anlage, die Elektrolyse betreibt und Wasser in seine Bestandteile zerlegt.
Anders als der Versuchsaufbau in der Schule, passt der Elektrolyseur in Pfeffenhausen natürlich nicht auf einen Tisch. Für den Elektrolyseur, der schon nächstes Jahr 1,2 Tonnen Wasserstoff pro Tag im Schnitt produzieren soll, werden in Pfeffenhausen derzeit eine Betriebshalle nebst Abfüllstation (siehe Grafik) errichtet.
Die Anlage geht mit einer Leistung von 5 Megawatt an den Start und ist vorbereitet für einen Ausbau auf 10 Megawatt Leistung. Das reicht für eine Wasserstoff Erzeugungsleistung von mehr als 1.400 Tonnen grünen Wasserstoff im Jahr (bei Dauerbetrieb) und ca. 900 Tonnen im netzdienlichen Betrieb. In der Startkonfiguration produziert die Anlage 440 Tonnen grünen Wasserstoff im Jahr.
Das wäre genug Treibstoff für ca. 44 Millionen Pkw-Kilometer (also mehr als 3.000 Pkw) oder 5,5 Millionen Lkw-Kilometer (also 50 Langstrecken-Lkw mit 40 Tonnen). In der Ausbaustufe reicht der Wasserstoff dann für bis zu 6.000 Pkw und 110 Langstrecken-Lkw. Insgesamt entsprechen die 440 Tonnen grüner Wasserstoff einem Energieinhalt von 14,6 Gigawattstunden. Damit könnte man auch ca. 12.000 Haushalte mit Wärme versorgen. Das aber macht aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Moment noch keinen Sinn. Das wird es aber sicher in Zukunft, wenn die grünen Wasserstofferzeugungsanlagen günstiger werden und wir zudem günstigen grünen Wasserstoff aus dem Ausland importieren.
Aktuell befindet sich die Wasserstofferzeugungstechnologie noch im Aufbau und ist deshalb teuer. Der grüne Wasserstoff muss daher dort eingesetzt werden, wo er am wirtschaftlichsten ist. Das ist in der Mobilität mit Bussen, Lkw und Pkw der Fall. Hier kosten ein Kilogramm Wasserstoff an der Tankstelle aktuell rund 13 Euro. Damit kommt ein Fahrzeug rund 100 Kilometer weit. Der in Pfeffenhausen hergestellte grüne Wasserstoff soll hauptsächlich an die Tankstellen der Busbetreiber Geldhauser in Brunnthal im Landkreis München und Ettenhuber in Schlacht im Landkreis Ebersberg gebracht werden. Beide Unternehmer waren Gründungsunternehmer in der Initiative HyBayern, über die der Elektrolyseur in Pfeffenhausen auch gefördert wird.
Der übrige grüne Wasserstoff soll zudem an Wasserstofftankstellen in einem Umkreis von bis zu ca. 200 Kilometer um den Elektrolyseur geliefert werden. Ein Abnehmer ist auch das zukünftige, direkt benachbarte nationale Wasserstoffzentrum Süd (WTAZ) Zusätzlich wollen die Gesellschafter der Betreibergesellschaft Hy2B Wasserstoff, zu der auch der Landkreis Landshut gehört, eigene Kunden mit grünem Wasserstoff beliefern. Aktuell ist die Nachfrage nach grünem Wasserstoff aus Pfeffenhausen erheblich höher als das Angebot. Auch im Fall eines Ausbaus des Elektrolyseurs auf 10 Megawatt Leistung wird die Nachfrage das Angebot übersteigen.
Der Strom für die Wasserstofferzeugung soll sowohl von umliegenden PV- und Windkraftanlagen kommen. Außerdem wird Strom aus dem Netz bezogen, wenn es dort zu viel Grünstrom gibt, zum Beispiel in Hochsommer- oder Starkwindphasen. Der regionale Gedanke aber ist sehr wichtig. Die Anlage soll immer dann auf voller Leistung laufen, wenn die direkt angeschlossenen PV- und Windkraftanlagen viel Strom erzeugen. Damit wird vermieden, dass das Netz überlastet wird. Gleichzeitig wird auch ein wirtschaftlich sinnvoller Netzausbau unterstützt.
Die Diskussion um den Wirkungsgrad ist eine Scheindiskussion, wenn man es richtig macht wie in Pfeffenhausen. Durch den netzdienlichen Betrieb, also die Produktion von grünem Wasserstoff immer dann, wenn es eine hohe Produktion von PV-Strom und Windstrom gibt, werden Abregelungen vermieden und das Stromnetz geschont, das ansonsten auf hohe Spitzenerzeugung ausgelegt werden müsste. Es wird also vor allem „Überschussstrom“ verwendet, dessen Wirkungsgrad bei 0% ist, wenn er abgeregelt werden muss. Mit dem Elektrolyseur kann aus solchem Strom ein Wirkungsgrad von mehr als 60% erzielt werden.
Es gibt in Wunsiedel, Oberfranken, bereits eine Anlage von Siemens, die sogar etwas größer ist als die in Pfeffenhausen. Sie setzt allerdings auf eine andere Elektrolyseurtechnologie, die „PEM“ (Proton Exchange Membrane) Elektrolysetechnik, während in Pfeffenhausen eine alkalische Elektrolyse zum Einsatz kommt, die im Moment noch wirtschaftlicher ist als die PEM-Technologie.
Pfeffenhausen bietet durch die Lage in der Metropolregion München die Chance, bis zu 20 bestehende und geplante Wasserstofftankstellen im Umkreis von 200 Kilometer beliefern zu können. Zudem sollen in direkter Nachbarschaft das nationale Wasserstoffzentrum Süd (WTAZ/HyTACC) entstehen, das den grünen Wasserstoff nutzen wird, um der Automobil- und Zulieferindustrie die Chance zu geben, Wasserstoff Antriebstechnik schneller testen und zertifizieren zu können.
Quelle: Die Fragen beantwortete Manfred Poschenrieder, Chief Communications Officer der HYNERGY GmbH, Mitgesellschafter bei HY2B