Keramik aus dem niederbayerischen Hügelland zwischen Vilsbiburg und Dingolfing war jahrhundertelang in unzähligen bayerischen Haushalten zu finden. Wie sehr dieses Handwerk die Region prägte, das lässt sich bei einem Besuch im Heimatmuseum Vilsbiburg erahnen. Es beheimatet eine umfassende Sammlung heimischer Hafnerware und präsentiert Teile davon in einer wunderbaren und umfangreichen Ausstellung. „Noch bis in die zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein zählte in vielen Haushalten die glasierte Kröninger Ware zum festen Bestand“, erklärt Lambert Grasmann. Der Heimatforscher und langjährige Leiter des Heimatmuseums Vilsbiburg ist ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Kröninger Hafnerware.
Welche Bedeutung Kröninger Hafnerware früher für die Menschen in Bayern hatte, zeigt dagegen das wohl bekannteste Kunstwerk des weltberühmten deutschen Malers Carl Spitzweg: Auf seinem Gemälde „Der Arme Poet“ platziert er wie selbstverständlich typische keramische Erzeugnisse aus dem Kröning auf dem Ofen in der Dachstube.
Egal ob Handwerker, Landwirt oder Adliger – Kröninger Hafnerware fand jahrhundertelang in Haushalten aller Gesellschaftsschichten Verwendung. Nachweislich wurde ab 1650 sogar die herzogliche und kurfürstliche Hofküche in München damit beliefert. Das Geschirr aus Niederbayern war damals aber auch ein Exportschlager. Bei Grabungen auf der Burg Kufstein in Tirol fanden sich zahlreiche Fundstücke der einst begehrten Hafnerware. Funde wie dieser sind kein Einzelfall und belegen: „Das Kröning“ war über einen langen Zeitraum das größte Zentrum für Geschirrherstellung in Bayern.
Die Natur in dieser Region Niederbayerns bot für dieses Handwerk, das dort ab dem Jahr 1300 nachzuweisen ist, die idealen Voraussetzungen: Der Boden war – und ist es heute noch – reich an Ton und die dichten Wälder lieferten ausreichend Energie für die Brennöfen der Hafner. Allein in Jesendorf, ein Ortsteil der Gemeinde Kröning, habe es Mitte des 18. Jahrhunderts bis zu zehn Werkstätten gegeben, die gleichzeitig Geschirr produzierten hätten, so Grasmann. Insgesamt über 120 Hafnerwerkstätten gab es zu dieser Zeit in diesem Landstrich. „Sie alle stellten viel mehr Geschirr her, als in der Region benötigt wurde“, erklärt der Experte. Die Kröninger Hafner waren deshalb gezwungen, ihre Ware zu exportieren und über hunderte Kilometer hinweg zu transportieren. Auf den Märkten großer Städte, wie zum Beispiel in München, nahmen sie deshalb schnell eine führende Stellung ein. Um 1800 wurde pro Jahr rund eine Million Stück Geschirr im Kröning hergestellt.
Kröninger Keramik, das waren große und kleine Töpfe, Schüsseln, Krüge und alles, was für Herd und Tisch gebraucht wurde. Viele typische Formen behielten wegen ihrer Zweckmäßigkeit über Jahrhunderte hinweg ihr traditionelles Erscheinungsbild. Weniger bekannt ist, dass dazu zur Kröninger Keramik auch Kacheln gehörten, die Ofensetzer für ihre Arbeit verwendeten. Charakteristische Merkmale der Kröninger Keramik waren vor allem die gelb wirkenden Glasuren mit dem aufgespritzten Dekor. Typisch sind auch die bei bestimmten Gefäßen verwendeten Brauntöne oder ein sattes Grün.
Im 20. Jahrhundert endete die jahrhundertelange Geschichte der Hafnerei im Kröning. Im ersten Weltkrieg ließen viele junge Hafner ihr Leben oder wurde so schwer verwundet, dass sie ihr Handwerk nicht mehr ausüben konnten. Zuvor hatte die neue Bleigesetzgebung von 1887 den Kröninger Hafner bereits das Leben schwer gemacht. Sie machte den Gebrauch von giftigen Bleiglasuren unmöglich. „Die Umstellung auf andere Flussmittel bekam man technisch nicht mehr in den Griff“, so Lambert Grasmann. Nicht zuletzt sorgte aber das dauerhaftere Braungeschirr aus Schlesien und der Lausitz und der verstärkte Gebrauch des Porzellan- und Emaille-Geschirrs für das Ende der Hafnerei im Kröning.
Als Erinnerung und sichtbares Zeichen für die jahrhundertlange Tradition der Geschirrherstellung will der Landkreis Landshut die Werkstätte des letzten Hafners von Kröning erhalten. Der Uiderl-Hof im Kröninger Ortsteil Bödldorf stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und wurde seit über 30 Jahren nicht mehr bewohnt. In den letzten Jahren verfiel das Gebäude zusehends, war einsturzgefährdet – und soll jetzt aufwändig saniert werden, um an die Zeiten zu erinnern, als das Geschirr für Bayern aus Kröning kam.
Mehr Informationen rund um die Kröninger Keramik gibt es im Vilsbiburger Heimatmuseum.